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Gedanken, Schreiben

Schreib, wenn du nicht löschen kannst

Schreibende Frau sitzt auf Astgabel im Herbstwald und lächelt in die KameraIlona Matusch

In Hirschwang brennt seit Tagen der Wald. Einer der größten Waldbrände in der Geschichte Österreichs. Während Männer und Frauen alles geben, um größeren Schaden abzuwenden, mache ich mich schreibend auf die Reise, denn die Flammen züngeln direkt in mein Herz. Hirschwang ist mein Heimatort, ich bin aufgewühlt und unsicher und ich nütze diese Energie fürs Schreiben.

Aufgetaucht aus dem See des Vergessens

Wenn Rückzugsorte deiner Kindheit verschwinden, wo du vieles das erste Mal erlebt hast, kann dies eine Quelle der Kreativität und der Erinnerung sprudeln lassen. Sie zu nützen und aus ihr zu schöpfen ist das, was wir Schreibende tun sollten, wenn wir nicht löschen können. Bei mir sind durch den Brand in den vergangenen Tagen Kindheitserinnerungen aufgetaucht aus dem See des Vergessens.

Baum-Bauernhöfe

Ich erinnere mich an meine Spiele im großelterlichen Wald in der Steiermark derweilen mein Opa mit Holzarbeiten beschäftigt war. Kennt ihr diese Bauernhöfe, die man in den Wurzelachsen von alten Buchen am besten bauen kann? Mit kleinen Stöcken, Blättern und Moosen habe ich Ställe gebastelt, für Zapfenkühe und Bockerlschafe. Ich habe Mooswiesen rundherum angelegt zum Grasen für mein Vieh. Es gab kleinen Gräben für das Wasser,  modriges Holz für Tränken und für die dem Wind zugewandte Stallseite. Ihr wisst, warum: Damit es nicht so zieht und mein Vieh nicht frieren muss. So viele Abenteuer, die ich als Mädchen mit mir allein in meiner Wald-Bauernhof-Welt erlebt habe. Durch das Aufschreiben kann ich sie festhalten und das Abtauchen in diese bunte Welt der Vergangenheit tut mir gut. Gleichzeitig bringt es mich auf neue Ideen für Geschichten, die ich schreiben will.

Am Fabriksgelände in den 70-er Jahren

Der Waldbrand hinter dem Haus, in dem ich aufgewachsen bin, hat beim Schreiben das Hirschwang der 70er-Jahre wieder lebendig gemacht. Die meisten Leute kennen es heute nur als Durchzugsort am Weg zur Raxseilbahn oder ins Höllental. Die Arbeiter:innenwohnhäuser wurden abgerissen, die Gasthäuser sind schon viele Jahre geschlossen, die Kartonfabrik ging vor Kurzem denselben Weg. In meiner Kindheit sah es dort ganz anders aus. Wir haben nicht nur im Wald sondern auch auf dem Kartonfabriksgelände gespielt. Damals waren die Zäune nicht so hoch, die Schranken meistens geöffnet und wir Kinder spielten Verstecken zwischen den riesigen Altpapierhaufen und Palettenbergen. Niemand hatte sich daran gestoßen. Wo heute Lkw parken und Lagerhallen stehen, haben meine Eltern im Garten Gemüse geerntet.

Selbstfürsorge und Futter

Wenn wir etwas verlieren, wenn der Lauf der Zeit oder ein einschneidendes Ereignis wie der Waldbrand oder eine Person uns ein Stück unseres Herzens herausreißt, dann kann Schreiben helfen. Wir können es für unsere Selbstfürsorge nützen und Trauer verarbeiten. Gleichzeitig sind solche Erlebnisse eine unglaubliche Chance für unsere innere Schreiber:in (ihr könnt es auch Kreativität nennen) frisches Futter zu bekommen. Wir finden Zugang zu Geschichten in unserem Unterbewusstsein, auf die wir sonst, wenn alles seinen gewohnten Gang geht, meist keinen Zugriff haben. Dieses Unterbewusstsein sammelt nämlich nicht nur den Stoff, aus dem unsere Träume sind, sondern ist auch die Basis der Geschichten, die wir erzählen.

Mein Schreibbaum

Dieser Wald wird so, wie er war, nicht wieder kommen. Ich schaue vom Küchenfenster den Hubschraubern zu, wie sie Wasser zu den Feuerstellen an den steilen Hängen fliegen, es aus riesigen Säcken und Tonnen, die an langen Seilen hängen, abregnen lassen. Mittlerweile brennt nicht mehr nur der Wald in Hirschwang sondern auch der in Reichenau. Die Situation ist nach wie vor dramatisch. Da fällt mir mein Schreibbaum ein, den ich im ersten Corona-Lockdown 2020 entdeckt habe. Er steht irgendwo da oben im rauchenden und mit Glutnestern durchzogenen Wald. Eine alte Buche mit einem ausladenden Ast nahe am Boden, auf dem ich gut sitzen und schreiben konnte. Mein Schreibbaum, der mir durch die Corona-Zeit geholfen hat, wird wahrscheinlich verbrennen. Ich bin zornig und fühle mich hilflos. Gleichzeitig denke ich mir: Ich weiß nicht, was hier noch passieren wird.  Ich werde es sehen – und es ist nur ein Baum, trotz allem. Dieser Brand ist etwas, was außerhalb meines Einflusses liegt.

Ich habe in den Seiten geblättert, die ich eben dort auf meinem Schreibbaum vor genau einem Jahr geschrieben habe. So vieles ist mir jetzt beim Lesen neu begegnet, das ich schon wieder vergessen hatte, Gedanken, Skizzen, Beschreibungen und kleine Szenen für Geschichten. Es stärkt meine innere Schreiber:in und gibt mir Zuversicht. Und es bringt mir die stillen Stunden im goldenen Herbstwald, im frischgrünen Frühlingswald und im dunklen kühlen Sommerwald zurück. Dafür bin ich dankbar.

Tipp: Nutzt die Kraft fürs Schreiben

Was gibt es Besseres, als Veränderungsenergie kreativ zu nützen? Schnappt euch jedes Ereignis, das euch durchschüttelt und zu Boden drückt oder euch in den Himmel hebt und jauchzen lässt: Geburten, Scheidungen, die erste große Liebe, Tod, Krankheit und Überraschungen, gute wie weniger gute. Schreibt auf, was euch dazu einfällt, welche Assoziationen tauchen auf? Spinnt eure Gedanken in Worte am Papier.

Was euch nahe geht, hat eine unglaubliche kreative Kraft. Mein Tipp: Wenn ihr schreiben wollt, nutzt diese Kraft! Für eure Selbstfürsorge und für neue Geschichten.

Detail: Schreibheft und Füllfeder mit einem Baumbockerl im Herbstwald. Frau sitzt auf Bank im Herbstwald und schreibt
31. Oktober 2021/2 Kommentare/von Ilona Matusch
Schlagworte: Corona, Emotion, Erinnerungen, Geschichten, Hirschwang, Kindheit, Kreativität, Schreiben, Schreibfluss, Waldbrand
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2 Kommentare
  1. Willi Hirtenfelder sagte:
    7. November 2021 um 10:40

    Wenn`s brennt im Wald … abtauchen in diese bunte Welt der Vergangenheit …

    Und was da alles zum Vorschein kommt!
    …wenn der kleine Hermann, der Fritz und der Willi im Wald entlang eines winzigen Bächleins spielten. Den Bach aufstauten, so groß wie ein Küchentisch. Und dann, überraschend, einem Feuersalamander begegneten – der sich davonmachen wollte. Dazu keine Chance hatte. Wir hatten zwar Angst vor diesem bunten Ungeheuer – entkommen durfte er uns aber nicht. Und wie halt Buben so sind (von Mädchen weiß ich das nicht so genau), zimperlich sind wir mit dem Tier nicht umgegangen. Nur ein wenig geärgert … er hat es natürlich überlebt und wir waren beglückt über diese außerordentliche Begegnung. Nie zuvor hatten wir einen Feuersalamander gesehen.
    Heute, 60 Jahre später, gibt es dieses kleine Bächlein nicht mehr … die Quelle ist versiegt.
    So, wie vieles in unserem Leben versiegt.
    Der Wald in Hirschwang wird nachwachsen,
    in 60 Jahren wird man von der großen Katastrophe reden, aber davon nichts mehr sehen.
    Vielleicht, hoffentlich …

  2. Ilona Matusch sagte:
    10. November 2021 um 9:33

    Hi Willi, danke, dass du deine Kindheitserinnerung hier geteilt hast. So ein Feuersalamander ist ja wirklich eine aufregende Kreatur. Ich kann gut verstehen, dass dir das im Gedächtnis geblieben ist bzw. jetzt wieder aufgetaucht ist. Was so ein Waldbrand alles vermag. 😉

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