Wer lernt denken, wenn Chat-GPT unsere Texte schreibt?
Text: schwupp da
Kompetenz: schwupp weg
Es wäre kurzsichtig für Unternehmen, wenn nur mehr Maschinen schreiben. Schreiben ist mehr als nur Textproduktion.
Im Team ginge viel Kompetenz verloren. Wenn wir aufhören, selbst zu schreiben, hören wir auf, unsere Denkprozesse zu trainieren. Wir verlernen unser verstehendes Lesen, das Einordnen-Können, das Lernen an sich. Unsere kreative Seite und unsere Entscheidungskompetenz werden verkümmern. Wir Menschen ordnen die Texte der Maschine ein und entscheiden. Noch immer fantasieren Chatbots und erzählen uns Schwachsinn, unreflektiert glauben viele, was sie lesen ohne zu hinterfragen. Doch nur wenn ich Schreib-, Denk- und Lesekompetenz besitze und diese regelmäßig übe, werde ich einschätzen können, ob der Chatbot-Text brauchbar ist. Regelmäßig üben bedeutet: schreiben, denken und lesen.
Natürlich mit KI
Auch ich nutze künstliche Intelligenz. Ich verwende Übersetzungsprogramme, lasse meine Texte von Rechtschreibprogrammen prüfen und klicke in Online-Synonymwörterbücher. Es ist die gute Mischung, die mich in meiner Arbeit unterstützt. Ich frage die Maschine nach weiteren Ideen. Ich frage nach Aspekten, an die ich bei einem Thema noch nicht gedacht habe. Das hilft sehr. Perplexity ist hier so ein Largelanguagemodell (LLM), das ich aktuell mag. Durch die rasanten Entwicklungen ändert sich das öfter. Es gibt Programme, die Texte tatsächlich verbessern. Mein Favorit ist die Wolf-Schneider-KI. Vielleicht weil ich selbst als junge Journalistin bei ihm lernen durfte, also beim echten Wolf Schneider. So viel zu Markennamen, die wirken.
Plaudertasche
Ich unterhalte mich mittlerweile sogar mit den Maschinen. Da ich alleine in meiner kleinen Schreibküche sitze und Sparingpartner:innen fehlen, frage ich einfach Programme. So konnte ich für einen aktuellen Artikel in einem Fachmagazin einen neuen Aspekt einbauen, den ich für wertvoll halte. Und manchmal bringt mich der Chatbot zum Lachen. Wenn er mir sinnlose Antworten gibt oder offenbar selbst nicht weiter weiß.
Keine Arbeitslosigkeit in Sicht
Macht die Transformation unserer Gesellschaft durch KI, die nicht mehr aufzuhalten ist, meine Arbeit überflüssig? Werde ich in drei Jahren noch Kund:innen bei ihrer Schreibentwicklung unterstützen? Oder werde ich am Telefon hören: „Die Maschine hat den Kundenbrief schon geschrieben.“ Oder: „Wir brauchen kein Schreibtraining mehr. Unsere Mitarbeiter:innen schreiben nicht mehr selbst, das macht die Maschine viel besser.“ Während ich mir diese Szenarien, die ich im Februar 2023 erdacht habe, heute, im Juni 2025 durchlese, weiß ich: Nein. Es braucht uns Schreibberater:innen, Trainer:innen, Coaches weiter.
Mein Appell: Schreibt weiter!
An all jene, die schreiben und Schreibdenk-Methoden für ihren Job nutzen: Hört nicht auf, selbst zu schreiben! Weil viel verloren geht. Schreibprozess? Zeit für einen guten Text? Nachdenken? Sammeln? Sickern lassen? Oder einen Einfall haben und einfach drauflos schreiben? Überarbeiten und sich über neue Erkenntnisse und Ideen freuen? Stolz sein, dass der erste (beschissene) Entwurf sich nach einigen Schleifen als großartige finale Version präsentiert? Das geht verloren , weil ich drei Stichwörter in die Maschine eingebe und der Text ist da. Fertig.
In welcher Welt wollen wir leben und arbeiten?
Ich will nicht in einer Welt leben, in der mir das Schreiben komplett abgenommen wird. Weil mir das Denken durch das Schreiben so wertvoll ist. Ich reflektiere und finde kreative neue Lösungen durch das Schreiben. Und ich schreibe gerne Texte, die gelesen werden.
Deswegen habe ich mich auch für das MI-Siegel entschieden. Damit zeige ich meinen verantwortungsvollen Umgang mit KI.
Zeit sparen mit Chat-GPT: Ich zeige es dir
Bei notwendigen Texten, die wir immer wieder (neu) schreiben müssen, kann der Chatbot hilfreich sein. Wer Schwierigkeiten in den verschiedenen Schreibphasen kennt, Hilfe naht auch mit der KI. Ich zeige dir, wie du den Chatbot sinnvoll einsetzen kannst. Wie du mit richtigem Briefing (= Prompten) beste Ergebnisse bekommst und schneller wirst. Diese gewonnene Zeit kannst du für das reflexive und nachdenkene Schreiben für dich nutzen, oder für den Austausch mit Kolleg:innen bei einer Tasse Kaffee.
Lesetipp
In der Neuen Zürcher Zeitung findest du ein Interview mit der Computerlinguistin Emily Bender zum Thema Chat-GPT, das Ruth Fulterer am 25.2. 2023 online veröffentlicht hat.
Ein Chatbot ist übrigens ein Computerprogramm, das menschliche Unterhaltungen simuliert. Ich nenne es eine Maschine. Sie gehört zu den intelligenten Systemen mit dem Überbegriff KI (Künstliche Intelligenz). Die Computerlinguistin Emily Bender erklärt 2023 in einem Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung, dass nicht die Maschine intelligent sei, also denkt und lernt wie wir. Die Maschine funktioniere, weil viel Entwicklungsarbeit von Menschen geleistet wird, meist in Billiglohnländern. Eigentlich sei es nur Mathematik, so Bender. Die Wissenschaftlerin empfiehlt deswegen, statt künstlicher Intelligenz den Begriff „Matyh-Math“ zu verwenden, Mathe-Mathematik. Das entlarve so manche Lobhymne im aktuellen Chat-GPT-Diskurs.
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